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Börsenweisheit des Monats: “Sell in May and go away”

28 Mai 2024— 01:05 Uhr

Ist das jetzt eine ausgediente Börsenweisheit oder praktische Anlagestrategie?

Jedes Jahr, wenn der Mai naht, erinnern sich viele Anlegerinnen und Anleger an eine alte Börsenweisheit:

“Sell in May and go away … but remember to come back in September.” 

Dieser Spruch, der empfiehlt, Aktien im Mai zu verkaufen und erst im Herbst wieder in den Markt einzusteigen ist seit vielen Jahrzehnten im Umlauf und wird häufig diskutiert.

Grundsätzlich ist ein Börsenjahr fast immer zweigeteilt: von Oktober bis zum Frühjahr laufen die Börsen im Durchschnitt besser als von Mai bis September. Das belegt die Statistik. Doch keine Regel ohne Ausnahme. Die Entwicklungen im vergangenen Jahr zeigen, dass in 2023 „Sell in Summer“ besser gewesen wäre. Vor zwei Jahren, also in 2022, ergab die Weisheit jedoch durchaus Sinn, denn ab Ende Mai bröckelten die Kurse bis zum 30. September. Allerdings war dieses Börsenjahr auch ein besonderes – mit Zinserhöhungen der Notenbanken gegen die hohe Inflation und mit vielen Unwägbarkeiten durch den Krieg Russlands gegen die Ukraine.

Was genau bedeutet denn "Sell in May and go away"?

Die Börsenweisheit “Sell in May and go away” ist Grundlage einer Anlagestrategie, die darauf basiert, dass die Aktienmärkte in den Sommermonaten von Mai bis September tendenziell schlechtere Renditen erzielen als in den restlichen Monaten. Historisch gesehen zeigen viele Studien, dass die Aktienkurse in diesen Monaten stagnieren oder fallen, was Anlegerinnen und Anleger dazu veranlassen könnte, ihre Anlagen im Mai zu verkaufen. 

Ein Grund kann auch die im Frühjahr immer statt findenden Auszahlung der Dividenden sein. Rein mechanisch ist das sogar der Fall. Denn am ersten Handelstag nach der Dividendenausschüttung wird die Aktie „ex Dividende“, also um die Ausschüttung reduziert, gehandelt. Das kommt daher, dass sich ja der Wert des um die an die Aktionäre ausgeschüttete Dividende reduziert hat, bevor er sich im neue Geschäftsjahr mit den neu anfallenden Gewinnen wieder aufbaut.

Der Zusatz “..and come back in September” rät dazu, die Anlagen im September wieder zu kaufen, da dieser Monat oft den Beginn einer positiveren Marktentwicklung bis zum Ende des Jahres markiert. Dieser Ratschlag basiert auf der Beobachtung saisonaler Muster, die aufgrund verschiedener Faktoren wie dem Geschäftsjahresende (und vor der Dividendenausschüttung) und saisonalen Konsummustern auftreten können.

Ist denn diese Börsenweisheit relevant?

Über die Jahre haben zahlreiche Studien versucht, die Gültigkeit dieser Börsenregel zu überprüfen. Statistiken zeigen, dass es in der Tat Zeiten gab, in denen die Börsenrenditen zwischen Mai und September tendenziell niedriger ausfielen als in den anderen Monaten des Jahres. Eine Analyse des S&P 500 von 1950 bis heute zeigt jedoch ein gemischtes Bild, mit Jahren, in denen diese Regel zu gelten schien, und anderen, in denen sie es nicht tat.

Die Strategie “Sell in May and go away” hat durch zahlreiche, bekannte Börseneinbrüche zwischen Mai und Oktober an Glaubwürdigkeit gewonnen, darunter der Schwarze Montag 1987, der Crash nach der Pleite von Lehman Brothers 2008 und die Korrektur im August 2011 nach der Herabstufung der US-Kreditwürdigkeit.

Auch eine Analyse der Deutschen Bank für den europäischen Aktienmarkt zeigt: über einen langen Zeitraum betrachtet, war „Sell in May“ eine solide Entscheidung. Die Bank schaute sich den STOXX Europe 600, der Index der 600 größten, europäischen Unternehmen, genauer an.

Ergebnis: von 1987 bis jetzt hätten Anleger mit der „Sell in May“ Strategie durchschnittlich 9,1 Prozent Kursperformance auf ein Jahr hochgerechnet erzielt. Hätten sie dagegen ihre Aktien auch über den Sommer gehalten, wäre die Veränderung mit einem Plus von 7,4 Prozent geringer ausgefallen. Allerdings kam dieses Ergebnis nur durch Sondereffekte zustande. Verstärkt wurde die Tendenz nämlich vor allem durch die großen Einbrüche an den Aktienmärkten 1998, 2001 und 2008. Sie fielen jeweils in das Zeitfenster Frühjahr bis Herbst. Diese Einbrüche besserten somit die „Sell in May“ Bilanz entsprechend auf.

Wären diese außergewöhnlichen Marktereignisse nicht eingetreten, hätten die „Sell in May“ Anleger in 23 von 37 Jahren unterdurchschnittlich abgeschnitten.

Grundsätzlich scheint die Relevanz von “Sell in May” in den letzten Jahrzehnten abgenommen zu haben. Experten führen dies auf die zunehmende Globalisierung und die technologische Entwicklung zurück, die den Handel an den Finanzmärkten verändert haben. Heute sind die Märkte 24 Stunden am Tag und fast das ganze Jahr über aktiv, mit Akteuren aus verschiedenen Zeitzonen, was die alten saisonalen Muster überlagert.

Was sagen denn die Zahlen zu "Sell in May and go away"?

Wenn wir uns die Renditen eines Portfolios auf Basis des S&P 500 anschauen, das der Strategie “Sell in May and go away” folgte, und das im Vergleich zu einer konventionellen „Buy-and-Hold“ Strategie. Langfristig erwies sich die Buy-and-Hold-Strategie als überlegen.

 

10 Jahre

20 Jahre

50 Jahre

Buy and Hold

10,4 %

7,6 %

7,2 %

Sell in May and go away 

5,5 %

5,6 %

6,7 %

Quelle: Bloomberg, Manulife Investment Management, Capital Markets Strategy

Tatsächlich hat “Sell in May” in jüngerer Zeit eine unterdurchschnittliche Performance erbracht. In den letzten zehn Jahren waren die Renditen von Mai bis Oktober 80 Prozent der Zeit positiv, mit einer durchschnittlichen Rendite von fast 5 Prozent.

Wenn wir uns die durchschnittliche Rendite des S&P 500 nach Monaten anschauen, sehen wir zwar, dass der Mai durchschnittlich ein schwacher Monat war – der Juli jedoch mit die höchste Rendite aufweist. Diese Daten scheinen die Börsenstrategie “Sell in May and go away” zu widerlegen, da sie nicht darauf hindeuten, dass die Monate Mai bis Oktober tendenziell schwächere Renditen aufweisen als die übrigen Monate des Jahres.

"Investing is like soap – the more you touch it, the smaller it gets."

Für Investoren mit einer langfristigen Perspektive ist es vorteilhaft, sich an dieses Zitat des Nobelpreisträgers Eugene Fama zu erinnern. Dieser Ratschlag betont den Wert einer geduldigen Buy-and-Hold-Investitionsstrategie und deutet darauf hin, dass häufiges Handeln die Anlagerenditen durch Transaktionskosten und Timing-Fehler am Markt verringern kann.

Warum hat "Sell in May" heute an Bedeutung verloren?

In der modernen Börsenlandschaft scheint die “Sell in May”-Strategie an Relevanz zu verlieren. Die Digitalisierung und Globalisierung haben den Handel an den Finanzmärkten revolutioniert, wodurch saisonale Muster weniger vorhersagbar geworden sind. Zum Beispiel zeigte das Jahr 2021 eine starke Performance auch in den Sommermonaten, was die traditionelle Weisheit infrage stellt.

Analysten der Deutschen Bank ziehen daher folgendes Fazit: „Man könnte argumentieren, dass die „Sell in May“ Strategie im Grunde so vielversprechend ist wie das Werfen einer Münze“.

Oder mit den Worten von Mark Twain:

Oktober: einer der besonders gefährlichen Monate für Börsenspekulationen. Die anderen sind Juli, Januar, September, April, November, Mai, März, Juni, Dezember, August und Februar.

Dem haben wir nichts hinzuzufügen!

Und empfehlen unseren Kunden ausschließlich eine langfristige Anlagestrategie, maßgeschneidert nach Ihren jeweiligen Wünschen und Bedürfnissen.

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